Ist das schon diskriminierend?

VVom 17. - 19. Juni 2022 verwandelte sich das


Ist das schon diskriminierend?

Vom 17. - 19. Juni 2022 verwandelte sich das Zentrum in der ostthüringischen Stadt Eisenberg wieder in ein Festspektakel. Zum dritten Mal wurde das Mohrenfest in der Stadt gefeiert.

  

Bild des Plakates © eigene Aufnahme

Wir wollen das Stadtfest zum Anlass nehmen, um über die Verwendung des M-Wortes zu sprechen.
Es ist nicht verwerflich, nach der langen Pandemiezeit mit eingeschränkten Kontakten wieder einmal Lust auf Veranstaltungen zu haben. Das „alte“ Leben in vollen Zügen genießen. Aber ist der Name Mohrenfest noch notwendig?

Beschäftigt man sich etwas genauer mit der Historie der Stadt Eisenberg, so fällt auf, dass das Abbild eines schwarzen Mannes nicht nur auf dem „Mohrenbrunnen“ thront, sondern ebenfalls auf dem Stadtwappen zu finden ist; eine weiße Binde verdeckt seine Augen. 

Ein Exkurs: Wie der Mohrenkopf auf das Wappen der Stadt Eisenberg kam

Eine Sage aus dem 16. Jahrhundert besagt, dass der Herzog nach seinen Kreuzzügen einen Sklaven mitgebracht hat. Dieser wurde recht schnell des Diebstahls bezichtigt. Er sollte eine wertvolle Kette der Herzogin gestohlen haben. Jedoch hat diese das vermeintliche Diebesgut in ihrer Bibel wiedergefunden, der Mann wurde demnach zu Unrecht verurteilt.  Noch rechtzeitig vor der Hinrichtung des Mannes konnte ein Bote der Gemahlin die freudige Botschaft überbringen. Als Wiedergutmachung wurde ihm die Freiheit geschenkt und er sollte fortan auf dem Wappen der Stadt zu finden sein. Auch wurde ihm ein Brunnen gewidmet. Der Mohrenbrunnen steht vor dem Rathaus der Stadt und wurde 1727 erbaut. [1]

So weit, so historisch.

 

Über den Titel des Festes wird häufig debattiert. Die Stadt Eisenberg steht seit Umbenennung des Festes in der Kritik mehrerer Initiativen. „Es nehme Bezug zur Heimatsage“, so der Bürgermeister Michael Kieslich (CDU), es [das Fest] habe „eine positive Bedeutung.“. Die Initiative Schwarze Menschen e.V. sieht das anders. Sie wirft der Stadt die Verherrlichung von „Rassismus, Kolonialgeschichte und Geschichtsklitterung“ [2] vor. Der Umgang mit der stadteigenen Kolonialgeschichte werde hierbei romantisiert. Der Bürgermeister Kieslich unterbreitet innerhalb der Debatte immer wieder, welchen hohen traditionellen Wert das Wort und der schwarze Mensch an sich für die Stadt haben.

Nicht erst seit Eisenberg: die Debatte um das Wort „Mohr“

Vielleicht ist es dir beim Spaziergang auf dem Weg zum nächsten Bäcker aufgefallen, vielleicht beim Gang zur Apotheke: das Wort „Mohr“, fortan in diesem Text als M-Wort verwendet, ist geläufig. Im Bäcker werden kleine Schokoballons mit Teig und Pudding gefüllt als M-Köpfe angeboten, die Apotheke trägt ebenfalls das M-Wort in seinem Namen, ebenso das Brillengeschäft eine Straße weiter.

 

Bild eines „Mohrenkopfes“ © Wikimedia Commons

Wer sich in Berlin-Mitte das historische Viertel um den Gendarmenmarkt ansehen möchte, passiert mit hoher Wahrscheinlichkeit die Mohrenstraße oder steigt an der gleichnamigen U-Bahn-Station aus. Der Benennung der Straße wird auf das Jahr 1700 datiert. Bereits Karl Marx bewohnte während seines Studiums die Hausnummer 17. Die Umbenennung dieser Straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße steht schon lange im Raum, doch gibt es immer wieder Debatten, die die Durchführung stoppen und die damit verbundenen Kosten nennen.

Die Debatte um das M-Wort kocht immer wieder auf, jedoch werden gegen die Abschaffung des Wortes Argumente laut, die die Sachlage relativieren sollen.
Das M-Wort ist die älteste Bezeichnung für schwarze Menschen und ebenso wie das N-Wort (oder auch das Z-Wort) eindeutig abwertend und rassistisch gemeint. Diese Bezeichnungen können mit der Kolonialisierung und der damit einhergehenden Versklavung in Verbindung gebracht werden.

Kommen wir auf die Sage der Stadt Eisenberg zurück: auch hierbei wird deutlich, dass der Herzog einen Sklaven mitgebracht hat, einen „unterwürfigen afrikanischen Diener“. [2] Es war damals äußerst gnädig vom Herzogen und seiner Frau, dem vermeintlichen Dieb seine Freiheit zurück zu geben und ihm sogar einen Platz auf dem Wappen anzubieten – fast selbsterklärend, dass sich der weiße Herzog und seine Frau als Retter darstellen und das Fest aus Sicht eines weißen Bürgermeisters als positiv darstellt.


Wie ist deine Meinung zu dem Thema? War dir bewusst, dass das Thema unter die Rubrik diskriminierungssensible Kommunikation fällt? Diskutiert gern mit uns in den Kommentaren oder gebt eure Meinung ab!

 

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Quellen

[1] Mohrenbrunnen in Eisenberg https://de.wikipedia.org/wiki/Mohrenbrunnen_(Eisenberg)

[2] IDZ Jena – Das M-Wort als Ausdruck von Kolonialität: https://www.idz-jena.de/wsddet/wsd7-11/